D-Day in Lombok

Das Jod brannte wie Feuer, glühende, heisse, tiefrote Flammen mit Wurzeln, die sich tief in mein Bein brannten. Im selben Moment als der Schmerz nicht mehr auszuhalten war, hörte er abrupt auf, so wie er angefangen hatte. Bis…nun ja, bis der Arzt eine neue Stelle der Wunde mit Jod einrieb und das Ganze von vorne anfing.

Sie sagten mir, ich könne ruhig schreien – mir war eher nach Lachen zu Mute, was ich dann auch tat. Zu meiner eigenen Verwunderung und vermutlich auch die der Anwesenden, lachte ich bereits herzhaft über mich selbst, während der Arzt die Wunde reinigte. Er hatte den Ellbogen mit einem Stich ohne Betäubung genäht, beim Knöchel waren es zwei mit Lokalanästhesie. Es war auch der Knöchel, der kurz nach dem Unfall geblutet hatte, als hätte man ein Schwein auf der Strasse abgeschlachtet. Das hellrote Blut ergoss sich auf den Sand neben der Strasse, wollte und wollte nicht aufhören, während ich mir überlegte, was ich denn nun tun sollte. Es waren nur noch ca. 10 Minuten Fahrt mit dem Roller an den Strand. Das Meerwasser würde die Wunde doch sicher desinfizieren? Es würde aber brennen wie die Hölle. Da das Blut aber nur langsam zu gerinnen schien, war es wohl besser zuerst mal einen Arzt aufzusuchen. Ein Einheimischer fuhr vorbei und wollte mich zu einem Arzt begleiten. Zwei Touris kamen angedüst und hielten mich davon ab, dem anderen hinter her zu fahren. Sie hatten Schnaps dabei, also desinfizierte ich die Wunden zuerst. Sie hielten ein Auto an, der Fahrer wies mich an am Besten zurück ins grössere Dorf, Kuta, Lombok zurück zu fahren. Die Ärzte seien dort besser. Die Touris hielten einen anderen Einheimischen an, der in die Richtung fuhr. Er sollte voraus fahren und schauen, dass ich heil bei der medizinischen Klinik ankam. 20 Minuten Fahrt bei welcher ich die Zähne zusammen biss und mich jede Sekunde über meinen eigenen Fehler nervte.

Ich sah den Sturz kommen, ich wusste, dass ich nicht so lange oder so hart bremsen sollte. Trotzdem hörten meine Hände nicht auf mich. Nur wenige Minuten vor dem Unfall, fühlte ich mich glücklich und zufrieden, eins mit meiner Umwelt, die sich in ihrer Schönheit um mich herum ergoss. Lombok ist und bleibt interessant, lebendig, voller Traumstände und noch nicht so überloffen wie Bali. Mir gefiehl die Landschaft, die Leute, das Rundherum eigentlich besser, als das touristische Bali. Auch die muslimische Bevölkerung war unheimlich zuvorkommend und gastfreundlich. Am Tag zuvor hatten die Kinder uns auf dem Weg nach Hause von der Schule zugewunken, als wir mit den Scooter an ihnen vorbei gefahren sind. Das wäre an dem Tag sicherlich auch nicht anders gewesen. Ich hatte nur eine Sekunde nicht aufgepasst, eine klitzekleine Sekunde, die mir fehlte, um die Richtige Entscheidung zu treffen, als ich den Sandfleck auf der Strasse sah. Hätte ich nicht gebremst, wäre alles gut gegangen und ich müsste jetzt nicht dein Preis für meine Dummheit zahlen. Ändern kann ich es nicht, auch nicht in der Zeitlupe mit der sich das Ganze vor meinem inneren Auge abspielt. Immer und immer wieder.

Ich bin nun einiges an Erfahrungen reicher, hätte aber gut auch ohne diese Erfahrungen leben können. Ich weiss mehr über die medizinische Versorgung und Ausbildung in Lombok, weiss wie ein Warteraum in einer australischen Klinik aussieht, weiss wie es ist, sich in den Ferien schonen zu müssen und das Meer von weitem zu bewundern, mit einem Plastiksack über dem Bein, Duschen zu müssen, wie man mit einem Verband ums Bein angestarrt wird.  Toll!

„What matters most is how well you walk through fire“ – Charles Bukowski

Not sure, how well I am doing right now.

Ein Gedanke zu “D-Day in Lombok

  1. Hi Susanna,
    bin gerade wieder zurück aus Vietnam, wir waren dort auch mit dem Scooter unterwegs 😉
    Die Landschaft war wunderschön, allerdings hatten wir insgesamt auch drei Unfälle und haben zwei rustikale, vietnamesische Landkrankenhäuser von innen gesehen…
    Beim ersten Unfall ist mein Kumpel auch auf glatter Straße mit ein wenig Sand ausgerutscht und hingekracht – trotz relativ geringer Geschwindigkeit. Hätte nie gedacht, dass eine glatte Straße mit ein wenig Sand gefährlicher ist als ein steiler, kurviger und ungeteerter Schotterweg…
    Gute Besserung und liebe Grüße aus Singapur,
    Philipp

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